Würmer haben keine Lobby

Das ist ein Thema, das mir ans Herz geht. Wir verwenden bei fast jeder Angel-Session Würmer als Köder. Machen wir uns genug Gedanken über einen ordentlichen Umgang mit den Tieren?

In unserem Fischereischein-Lehrgang haben wir gelernt, dass Fische Stress empfinden und wir sie deshalb artgerecht versorgen müssen. Vielleicht spüren sie sogar Schmerz? Wir dürfen ihnen jedenfalls kein unnötiges Leid hinzufügen, sonst handeln wir gegen das Tierschutzgesetz.

Der Landesfischereiverband Baden-Württemberg e.V. schreibt dazu auf seiner Homepage:

Nach § 1 des Tierschutzgesetzes darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Die Angelfischerei hat zum Ziel, Fische zu fangen und dem menschlichen Verzehr zuzuführen. Ihre Aufgabe ist es, die Fischbestände zu hegen.

Das heißt, wir dürfen Fische nur fangen, um sie zu essen. Einige Angler halten sich noch nicht einmal an diesen Grundsatz, indem sie Fische mit der Absicht fangen, sie wieder frei zu lassen. Dennoch, es existieren Regeln zum Umgang mit Fischen. Was aber ist mit Würmern?

Sind Würmer es nicht wert, dass wir besondere Sorgfalt walten lassen, wenn wir sie als Köder verwenden? Sind sie so primitiv, dass wir sie aufspießen können, wie es uns gefällt? Genau so, wie es uns nicht kümmert, ob wir auf einen Käfer treten, wenn wir spazieren gehen? Oder sollte es ähnliche Regeln zum Umgang mit Würmern geben, die als Köder beim Angeln verwendet werden?

Ich möchte zum Nachdenken darüber anregen, ob wir Angler nicht die gleichen Maßstäbe an unser Verhalten mit allen Tieren anlegen sollten. Immerhin unterscheidet der §1 des Tierschutzgesetzes nicht nach „weiter entwickelten“ und „niederen“ Arten. Sollte es nicht auch in den Lehrgängen Empfehlungen dafür geben, wie man Würmer auf einem Haken anbringt? Oder Vorschriften dafür, dass man Würmer, die nicht als Köder Verwendung gefunden haben, anschließend in einem nahegelegenen Beet freilassen muss? Dass Würmer zu betäuben sind, bevor sie auf den Haken kommen?

Vielleicht habe ich nicht genug Erfahrung. Ich habe meinen Fischereischein letztes Jahr in Hamburg gemacht und Würmer wurden nicht besonders erwähnt. Ist es in anderen Bundesländern oder Ländern anders? Der Blick über den großen Teich in die USA stimmt mich nicht zuversichtlich. Von dort habe ich den Eindruck (ohne genaueres Wissen), dass nicht einmal das Fangen und Freilassen von Fischen (catch and release) als schädlicher Umgang mit den Tieren angesehen wird.

Es bleibt der Eindruck: Würmer haben keine Lobby. Sie sind vergessene Tiere. Unbeachtet vom Tierschutz, doch millionenfach genutzt in der Fischerei.

Ich kann diejenigen verstehen, die belustigt auf diesen Text reagieren. Und vielleicht stimmt es: Würmer sind so primitiv, dass sie nicht fähig sind, Stress oder Schmerzen zu empfinden. No harm, no foul? Ja, vielleicht.

Allen die anderer Meinung sind, empfehle ich,  mit gutem Beispiel voranzugehen und Würmer in der Fischerei mit dem Bewusstsein einzusetzen, dass es Tiere sind, die unsere Anerkennung und unseren Respekt verdienen. Immerhin sind sie es, die uns zum Fang verhelfen. Sie verdienen unsere Wertschätzung, die sich darin ausdrücken sollte, dass wir ihnen so wenig Leid wie möglich zufügen.

Bis das Thema von den Verbänden aufgegriffen wird und offizielle Empfehlungen ausgesprochen werden, sollte jeder nach bestem Wissen und Gewissen handeln, um Würmer beim Angeln so sorgsam wie möglich zu behandeln.

Ich freue mich über eine offene Diskussion in den Kommentaren zu diesem Post.

2 Antworten auf „Würmer haben keine Lobby“

  1. Lieber Steffen,

    deine Fürsorge für unseren Freund den Wurm berührt mich zutiefst. Auch ich habe mir bereits öfter meinen (großen) Kopf darüber zerbrochen, ob das Angeln mit Würmern noch zeitgemäß ist. Wenn ich in den frühen Morgenstunden mit einer Taschenlampe über die Wiesen strich, auf der Suche nach den größten und kapitalsten Tauwürmern, für das nächste Ansitzen auf Aal.
    Schon allein das herausziehen der Würmer aus ihrem gewohnten Habitat fällt mir schwer, finde es aber immer noch besser als bspw kanadische Riesenwürmer zu bestellen (kommen die wirklich aus Kanada zu uns, damit wir sie dann aufspießen).
    Ist diese Globalisierung auch in der Fischerei notwendig?

    Öfter stellte ich mir bereits die Frage, ob die Fischerei nicht ein höchst egoistischer Zeitvertreib ist.
    Ich bekomme den Kopf (groß) frei, der Fisch bekommt den Kopf ab.

    Peter Singer, ein Begründer der Tierrechte, stellt völlig zu Recht fest : „Der Mensch muss essen. Es gibt Essen, für das man keine Tiere töten muss. Aus dieser Perspektive wäre es besser, den Fisch nicht zu essen, ihn nicht zu töten.“

    Daraus leitet sich für mich ab, dass wenn ich Fischen gehe, ich zumindest auf die Würmer verzichten kann. Es sei denn sie liegen tot neben dem Kompost.

    Im weiteren, lieber Steffen, würde ich dir nochmals gerne § 3, Absatz 6 des Tierschutzgesetz in Erinnerung rufen: “ Es ist verboten, ein Tier zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Werbung oder ähnlichen Veranstaltung heranzuziehen, sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind“.

    Also entferne doch bitte auch den „Sexy Karpfen Kalender“ von deiner Toilette.

    Vielen Dank für die geistreiche Anregung! Vielleicht können wir ja gemeinsam eine Lobby, für unseren gemeinsamen Freund, den Wurm, schaffen.

    Petri Heil

    Der Kopf

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